Aufgabe und Umfeld
Die Aufgabe ist die Planung einer effizienten Neubebauung des Grundstücks Beyerstraße 14 in Ulm mit attraktiven Geschosswohnungsbau mit heterogenen Wohnungsmix und einer Gastronutzung im Erdgeschoß.
Das Grundstück befindet sich an der städtebaulich prägnanten Ecke zwischen der östlichen Beyerstraße und der Wörthstraße im Süden. Gegenüber der Beyerstraße 14 befindet sich der Stadtpark „Ehinger Anlage“ samt Martin-Luther Kirche und das Hans und Sophie-Scholl-Gymnasium, der dem Gebäude als grüne Oase gegenübersteht.
Städtebau- und Entwurfsbeschreibung
Städtebauliches Ziel der neuen Bebauung ist ein kompaktes und effizientes Gebäudeensemble, das bestehende Raumkanten ergänzt und klare Stadt- und Straßenräume definiert und somit zur Erhöhung der urbanen Wohnqualität und Attraktivität des Quartiers beträgt.
Das Gebäude nimmt die kompakte und geschlossene Bauweise des Stadtquartiers auf und folgt den vorhandenen Gebäudekanten und Dachformen entlang der Beyerstraße. Durch den 6-geschossigen Baukörper wird die städtebauliche Fassung des gegenüberliegenden Stadtparkes bzw. des vorhandenen Straßenraumes vervollständigt.
Der Übergang zwischen dem Satteldach im Osten und dem Flachdach im Westen mit 5 Geschossen wird durch eine Akzentuierung der Dachfläche an der prägnanten Süd-Ost-Ecke auf charmante Weise gelöst, die sich dann sanft über das Flachdach des südlichen Baukörpers auflöst. Der geschlossenen Bauweise der Süd- und Ostseite steht eine aufgelockerte und terrassierte Bauweise der „Remise“ gegenüber, die sich wiederum an der bestehenden Wohnbebauung im Westen orientiert.
Die aufgelockerte Bauweise des Rückgebäudes garantiert eine gute Belichtung und Durchlüftung des attraktiven Innenhofes und es entstehen abwechslungsreiche Außenbereiche in den Obergeschossen, die als private oder gemeinschaftliche Dachterrassen z.B. auch für „Urban Gardening“ genutzt werden können.
Der städtebauliche Akzent des Daches an der Süd-Ost-Ecke setzt sich im Sockelbereich des Gebäudes konsequent fort. Hier bildet ein großer horizontaler Ausschnitt eine „städtebauliche Willkommensgeste“, die die Bewohner und die Gäste der Gastronomie gleichermaßen begrüßt. Die Erschließung des lichtdurchfluteten Innenhofes ist städtebauliche auf den Fußgängerübergang zum Stadtpark abgestimmt und bildet zusammen mit den überdachten Gastrofreiflächen eine angenehme Erweiterung des öffentlichen Raumes und bildet so den barrierefreien Haupteingang des Ensembles.
Die Erschließung der Wohnungen erfolgt über zwei weitere Durchgänge mit angegliederten Treppenhäusern im Erdgeschoß, die entweder von den jeweiligen Straßenseiten oder vom begrünten Innenhof erreicht werden können.
Die Funktionen der Fahrradabstell- und Müllräume sind komfortabel im Erdgeschoss direkt neben den Eingängen der Wohnbebauung angesiedelt und treffen so den Zeitgeist eines nachhaltigen urbanen Wohnens im 21. Jahrhundert.
Die 31 Wohnungen werden bequem und wirtschaftlich durch lediglich zwei geschlossene Treppenhäuser erreicht. Die notwendigen Flure der Geschosse sind für den geschlossenen Baukörper (Süde- und Ostseite) im beheizten Bereich der Gebäudehülle und im Teil der „Remise“ konsequent als offene Laubengangerschließung realisiert.
Der Laubengang dient nicht nur als Erschließungsfläche der Wohnungen, sondern kann als Dachterrasse für „Urban Gardening“ privat oder für Gemeinschaftsflächen genutzt werden. Neben der Nutzung als Dachterrasse dient der Laubengang jeweils auch als zweiter Rettungsweg oder kann einfach als bequemer Zugang zum gegenüberliegenden Treppenhaus für einen kürzeren Weg aus dem Gebäude zur Stadt genutzt werden.
Gestalterisch setzt sich das Sockelgeschoß mit seinen Sondernutzungen durch seine geschlemmte Klinkerfassade von der Putzfassade der Obergeschosse deutlich ab. Die lang gezogen Fensterbänder vereinen und beruhigen die unterschiedlichen Fenster- und Loggien-Größen, die aus dem geforderten Wohnungsgemenge entstehen. Die strengen Fensterbänder lockern sich zur Süd-Ost-Ecke hin spielerisch auf und sorgen so für ein spannungsreiches Spiel in der Fassade, das sich durch die Terrassierung der „Remise“ um rückwärtigen Gebäudeteil fortsetzt.
Clusterwohnungen
Besonderem Augenmerk werden bei diesem Entwurf den Clusterwohnungen zugeschlagen. Die erste Clusterwohnung ist im Erdgeschoss mit kleinen Gartenanteilen und einem Gemeinschaftsgarten angesiedelt und ist durch die Lage im Erdgeschoss perfekt für ältere Bewohner gelegen, die lange Wege und teilweise auch die Benutzung eines Aufzugs scheuen.
Die zweite Clusterwohnung befindet sich im Dachgeschoss mit spektakulärer Aussicht über den Park und die Stadt. Der Gemeinschaftsraum liegt in der städtebaulich betonten Süd-Ost-Ecke des Ensembles und spiegelt durch das hier nochmals angehobene Dach die besondere Nutzung der Clusterwohnung für alleinerziehende Mütter wider.
Die großzügige Dachterrasse mit Süd-West-Ausrichtung bietet den Bewohnern eine hohe Lebensqualität und wird durch die besondere Bewohnergruppe wahrscheinlich auch ganztägig genutzt.
Flexible Gastroflächen
Der geplante Gastronomiebereich im Erdgeschoß liegt im Ensemble an prominenter Stelle und soll durch seine Außen- und Fensterflächen den Haupteingang bzw. den Zugang zum Hof beleben. Wichtig ist bei diesem Konzept, dass ein überwiegend leerstehender Veranstaltungsraum vermieden wird und die unterschiedlichen Nutzungsgrößen flexibel anpassbar sind. Im Normalbetrieb wird die Restaurantfläche verkleinert und der zur gleichen Zeit ungenutzte Multifunktionsraum wird dem Innenhof als überdachte Außenterrasse zugeordnet. Bei Benutzung des gemeinschaftlichen Veranstaltungsraums, wird dessen Fassade vergrößert und eine Trennwand zwischen Restaurant und Veranstaltungsraum installiert. Auf diese Weise werden die geforderten Größen beider Bereiche erreicht, aber beide Bereiche können auf bequeme Weise durch die Gastronomie bewirtschaftet werden. Bei Bedarf können beide Nutzungsbereiche zusammengelegt werden und so entsteht ein großzügiger Gastraum, der auf vielfältigste Weise genutzt werden kann.
Wohnungstypologie
Das geplante Wohnungsgemenge entspricht dem geforderten Wohnungsmix aus der Auslobung. Durch besondere Art der Erschließung (Mischung geschlossenes Treppenhaus mit offenem Laubengang) ist es möglich, alle geforderten Wohnungsgrößen in einem Geschoß darzustellen. Dadurch entsteht eine sehr gute Durchmischung der späteren Bewohnergruppen.
Alle Wohnungen verfügen über eine Loggia, Dachterrassen oder Terrassenflächen im Erdgeschoss und sind nach Süden, Westen und Osten orientiert.
Ein Großteil der Wohnungen verfügen über außenliegende Bäder, die in den meisten Fällen entweder mit einer Badewanne oder einer bodengleichen Dusche ausgestattet werden können. Die Küchen aller Wohnungen sind als offenen Küchen konzipiert, aber die Küchen der 3- und 4-Zimmer-Wohnungen können ohne Grundrissveränderungen auch abgetrennt werden.
Energiekonzept
Das geplante Gebäude erfüllt durch den Anschluss an das Fernwärmenetz und den Einsatz des WDVS und der Gefälledämmung auf wirtschaftliche Art und Weise die energetischen Anforderungen als „KfW-Effizienzhaus 55“.
Die Treppenhäuser liegen innerhalb und beide Untergeschosse liegen außerhalb der gedämmten Hülle.
Mit dem Einsatz von 3-fach Isolierverglasungen und einer Abluft in den Sanitäreinheiten mit Nachströmung der Außenluft über ausreichende Fensterfalzlüfter ist ein sehr wirtschaftliches und wartungsarmes System gewählt und der Höchstwert des spezifische Transmissionswärmeverlust Ht‘ für ein „KfW-Effizienzhaus 55“ wird eingehalten.
Verbesserungsmöglichkeiten in der Energiebilanz stehen mit dem Einsatz von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung und PV Anlagen zur Verfügung, sind jedoch zur Erfüllung der ein „KfW-Effizienzhaus 55“ Standards nicht notwendig.
Ulmer Wohnungs- und Siedlungs-Gesellschaft mbH
Wohnen und Gewerbe
Ulm
2020